Zum Abschied in Tenterden am nächsten Morgen, bedachten uns die lieben Vögelchen noch mit zwei weiteren dicken Kleksen auf Henrys Fahrertür.
Die Etappe zur nächsten Unterkunft, war eine der längeren, die wir zu bewältigen hatten. Von Tenterden aus ging es über die Dörfer Richtung Küste, das Ziel war Salisbury. Theoretisch hätten wir auch die Autobahn nehmen können, aber das ist ja nun auch recht spaßbefreit.
Zwischendurch wollten wir einen Abstecher zum Seven Sisters Sheep Centre machen. Wir waren auch da, nur sonst niemand. Jedenfalls waren alle Türen zu und niemand zu sehen, so dass wir ohne auch nur ein Schaf (von Nahem) gesehen zu haben, wieder gefahren sind.
Entlang der Küstenstrasse ging es weiter, aber so richtig spannend war es eigentlich auch nicht. Gerade Brighton ist nicht so hübsch, wie man es von einem renommierten Seebad erwarten könnte. Da ist der Putz ganz ordentlich ab, die Reste der vor einigen Jahren abgebrannten Seebrücke gammeln vor sich in, und das Brighton-Pier ist halt auch nur eine Permanent-Kirmes. Außerdem wollte der Kleine unbedingt zum Buddeln an den Strand. Dummerweise gibt es da aber nur Kiesstrände und damit er uns glaubt, wollten wir ihm das in Brighton kurz zeigen. Dummerweise lag genau unterhalb der Stelle an der wir geparkt haben ein großer Kinderspielplatz. Das erste Problem war damit zwar gelöst, aber wir hatten ein neues.
Ein weiteres Problem bekamen wir dann auf der Weiterfahrt: Stau. Bei Worthing standen auf einer zweispuren A-Road (also sowas wie eine Bundesstrasse) und kamen nur im Schritttempo weiter. Es dauerte dann eine Weile, bis wir unser Zwischenziel Arundel erreicht hatten.
Der Ort selber ist recht hübsch, wird aber von der Burg ziemlich dominiert. Da wir nicht unbedingt die Zeit für eine ausgiebige Besichtigung hatten, haben wir uns auf ein Mittagessen in einem Tea-Room und die Kathedrale
beschränkt, was aber auch schon einiges an Zeit in Anspruch genommen hat.
Weiter ging es dann nach Winchester, der englischen Hauptstadt des 10. Und 11. Jahrhunderts. Viel Zeit hatten wir auch hier nicht und leider war die Kathedrale schon zu (macht aber auch von außen ein gutes Bild).
Dafür haben wir einen Spielplatz gefunden, auf dem der Kurze sich noch ein bisschen austoben konnte, bevor es dann zum nächsten B&B nach Salisbury ging.
Hier fanden wir auch wieder ein urgemütliches altes Haus mit typisch britischer Ausstattung und eine herzliche ältere Dame als Gastgeberin vor. Der Parkplatz direkt vor der Tür war zwar etwas eng, aber immerhin gab es einen.
Den Weg in die Innenstadt hätten wir, nach einem traditional english breakfast, am nächsten Morgen zwar auch zu Fuß zurück legen können, aber da wir noch nach Beaulieu weiter wollten, haben wir dann doch Henry genommen. Zuerst war wieder die Kathedrale dran, die bisher imposanteste und am besten einsehbare. Salisbury hat schon immer streng darauf geachtet, dass der Platz um die Kathedrale möglichst großräumig ist, um von allen Seiten einen möglichst guten Blick darauf zu haben.
Aber auch von innen ist das ein durchaus eindrucksvoller Bau,
wobei die Kathedrale wohl eher für Veranstaltungen als für die wöchentliche Sonntagsmesse genutzt wird. Auch die Ausstellungen zur Magna Charta sind sehenswert.
Nach einem kurzen Stadtbummel haben wir uns dann wieder auf den Weg gemacht, das National Motor Museum in Beaulieu stand auf dem Plan. Da wir durch den New Forest fahren wollten mussten wir erstmal den Weg aus Salisbury hinaus finden, was aber gar nicht so einfach war. Jedenfalls hatten wir, weil alles etwas schnell ging, wohl irgend einen Kreisverkehr eine Ausfahrt zu früh verlassen und waren dann irgendwo, aber nicht im New Forest. Also haben wir kehrt gemacht, diesmal nicht auf´s Navi gehört und sind nach Karte gefahren.
Engländer haben die lustige Eigenschaft, in gewissen Landstrichen dem dort lebenden Viehzeug reichlich Auslauf zu gewähren. Ein großer Zaun drum herum (und diverse Zäune um die Nutz- und Ziergärten der Häuser) genügt. Dazu noch Cattle-Grids, also Gitter in der Straße. Drüberfahren und –laufen kann man, aber für Kühe, Pferde und Schafe stellen die Dinger ein unüberwindbares Hindernis dar. So hatten wir dann auch im New-Forest ein paar Rinder vor uns, die gemütlich über die Straße trotteten und am Straßenrand das Gras kurz hielten.
Etwas weiter durchquerten wir übrigens die einzige Furt auf der gesamten Strecke (also über die ganzen zwei Wochen gesehen). Die führte aber zu der Zeit kein Wasser.
Dummerweise konnten wir dem eingeschlagenen Weg nicht so folgen wie wir wollten, sondern standen plötzlich von einem Dual-Carriage-Way, also einer zweispurigen Schnellstrasse. Vermutlich hätten wir auf der irgendwo wenden sollen um dann wieder auf den richtigen Weg zu kommen, aber haben wir auf Anhieb keine Möglichkeit gefunden, irgendwie auf die andere Seite zu kommen. Also sind wir der Strasse kurz gefolgt und dann Richtung Lyndhurst abgebogen, wo wir prompt im Stau standen. Scheinbar kreuzt sich da der halbe englische Ausflugsverkehr in Richtung Isle of Wight. Jedenfalls sind wir eine ganze Weile dahin gekrochen, bis wir die über die eine Ampel die da im Weg stand hinweg waren. Komisch, sonst regeln die Engländer alles mit Kreisverkehren, nur da nicht.
Kurz nach Lyndhurst, das übrigens mit einem Ferrari und Maserati-Händler aufwarten kann, sonst aber mitten im Niemandsland liegt, war die Strasse wieder frei und wir konnten den Weg Richtung Beaulieu einschlagen. Hier angekommen, haben wir uns, nach einer kurzen Rundfahrt mit der Monorail-Bahn und einem Mittagessen, aufgeteilt. Schatzi hat Garten und Haus besichtigt, während Sohnemann und ich uns ins Automuseum verkrümelt haben. Gut, da gab es jetzt nicht viel, was man woanders nicht vielleicht schon gesehen hat. Außer vielleicht Chitty Chitty Bang Bang, das Auto aus dem gleichnamigen Film mit Dick van Dycke.
Aber hübsch gemacht war das Ganze schon. Die Engländer gestalten sowas gerne mit Liebe zum Detail, und das ein oder andere schöne Exponat war definitv vertreten.
Für Sohnemann war die Top Gear Ausstellung wohl das persönliche Highlight. Hier wurden einige der Autos präsentiert, die Clarkson, Hammond und May … nunja … schonmal „benutzt“ haben. Z.B. die gestretchten Fiat Panda und MGF, der Hovervan oder die „Ambulanz“-Fahrzeuge aus einer der letzten Folgen.
Kleine Anekdote am Rand: irgendwann fing der Kurze mit „na, die die immer Schei##e sagen.“ – „Wer??!“ – „Na, die im Fernsehen. Die immer Schei##e sagen.“ – „Ich hab´ keine Ahnung, wen du meinst.“ – „Die, die immer soviel Blösinn machen.“ – kurze Gedankenpause – „Ach, du meinst Top Gear!“ – „Ja, genau!“
Nach einer kleinen Fahrt im historischen – oder zumindest auf historisch gemachtem – Doppeldecker-Bus und einem Eis, ging es dann wieder durch den New Forest zurück zur Unterkunft.
Hier stand dann dummerweise ein Motorrad so blöd, dass ich Henry etwas mühevoll in die äußerste Ecke rangiert habe, aber wenigstens rückwärst. Nur, damit kurz darauf ein Vauxhall Corsa quer vor Henry stand. Die Begeisterung war schonmal groß, da wir am nächsten Morgen Richtung Dartmoor aufbrechen wollten und wir befürchteten, dass er uns bei der Abfahrt im Weg stehen würde.
Als ich kurze Zeit später nochmal zum Auto gegangen bin um etwas zu holen, habe ich den Fahrer kennen gelernt: Edward aus Australien. Sind englische Dialekte teilweise schon interessant, ist Australisch nochmal eine Ecke heftiger. Da versteht man zuerst einmal gar nichts. Edward war aber ein durchaus sympathischer Typ, der mir versicherte am nächsten Morgen sowieso früh aufzubrechen.
Beim Frühstück hat er Sohnemann dann sogar noch ein australisches 50 Cent Stück geschenkt, und er war tatsächlich vor uns weg.