Von Salisbury sind wir zuerst wieder in Richtung Küste gefahren. Dem Kleinen stand der Sinn nach Strand und buddeln, auch wenn wir versucht haben, ihm begreiflich zu machen, dass es da keinen Sand, sondern nur Steine und Kies gibt.
Da wir aber selber zumindest einen Blick auf die sog. Jurassic Coast werfen wollten, sind wir über Lyme Regis nach Branscombe gefahren. Bransombe ist ein winziges Nest, und die Straße dorthin, würde einem deutschen Verkehrsplaner schlagartig graue Haare bereiten. Eigentlich ist das nur ein asphaltierter Feldweg mit Hecken rechts und links, dafür aber mit ordentlichem Gefälle. Unten angekommen, hatten wir noch etwa 15 Minuten Fußweg bis zum „Strand“. Der Name Jurassic Coast kommt daher, dass man hier mitunter die ein oder andere Fossilie finden kann. Dino-Knochen wurden zwar keine angeschwemmt, aber dafür etliche Muscheln, interessante Steine und eine, in einem Stein eingeschlossene Sammlung kleiner Fossilien. Der Stein war leider zu groß, um ihn mitzunehmen. Um mehr zu finden, hätten wir vermutlich kurz nach der Flut die Steilhänge der Küste absuchen müssen.
Nach unseren ersten Scones mit Clotted Cream (aber Kaffee statt Tee) haben wir uns wieder auf den Weg gemacht und sind über Exeter weiter Richtung Dartmoor gefahren. Eigentlich wollten wir noch die Canonteign Falls besuchen, aber das Navi hat uns zielsicher in eine vollkommen falsche Straße geführt. Ist ja schön, wenn man Sehenswürdigkeiten als Ziel eingeben kann, aber wenn man dann irgendwo steht, nur nicht da wo man hin will, nervt das ein wenig. Nachdem uns ein Einheimischer dann netterweise bis zur beschilderten Einfahrt gelotst hatte, mussten wir feststellen, dass die Falls eine recht teure Angelegenheit sind und sich eigentlich nur lohnen, wenn man mehrere Stunden Zeit hat. Schon des großen Spielplatzes wegen. Wir sind dann weiter nach Torquay gefahren, wo zuerst ein Besuch im örtlichen ASDA- Superstore anstand. Unsere Vorräte was Wasser und Reiseproviant anging mussten aufgefüllt werden.
Anschließend haben wir uns durch den, dank Baustellen, recht dichten Verkehr zum Babbacombe Model Village gequält. Wobei uns das Navi hier gleich wieder einen Streich gespielt, und uns in eine Seitenstraße hinter der Anlage geführt. Ab hier haben wir uns lieber auf die Eingabe von Straßennamen und Verkehrsschilder konzentriert, wenn wir etwas Bestimmtes gesucht haben.
Babbacome stellt einige reale Landschaften und bekannte Häuser im Modell nach, wenn auch teilweise etwas verändert. Dazu ist das Ganze liebevoll dekoriert mit kleinen Bäumchen, Wasserläufen und jeder Menge Modellautos, also quasi eine Modellbahnanlage in groß. Aber mit wenig Modellbahn (eine), dafür aber ettwas britischem Humor:
Stonehenge konnten wir hier vermutlich besser betrachten, als im Original. Irgendwo spuckte noch ein Drache Feuer und die Feuerwehr löschte einen Dachstuhlbrand.
Beim Klassiker „The Italian Job“ haben sie allerdings das Original und die Neuauflage in einem verwurstet. Der Bus war dem Original nachempfunden, die MINIs waren R53.
Von hier ging es dann wieder weiter an den Rand des Dartmoors, mitten in die Pampa. Das Herrenhaus (ein Teil 400 der andere 600 Jahre alt) lag am Rande eines kleinen Dörfchens, das wieder nur über winzige Straßen zu erreichen war. Dafür war es hier natürlich herrlich ruhig und entspannt. Unsere Gastgeber waren früher wohl ziemliche Weltenbummler. Ursprünglich aus Neuseeland, lebten sie unter anderem 15 Jahre lang in China und eine Zeit in Deutschland. Etwas Deutsch ging also auch noch, was der Kurze gleich ausgenutzt hat, um seine Würstchen im Kühlschrank zu deponieren.
Da wir den ganzen Tag außer den – übrigens sehr leckeren – Scones, noch nicht wirklich etwas gegessen hatten, sind wir ein paar Meter weiter zum Pub gegangen und haben uns ein sehr gutes Steak und einen Teller mit Fisch schmecken lassen.
Für den nächsten Tag, da auch hier kein Strand in Reichweite war, haben wir etwas für den Kleinen ausgesucht: Ein Besuch in der „Butterfly Farm and Otter Sanctuary“ in Buckfastleigh, mit anschließender Dampf-Eisenbahnfahrt mit der South-Devon Railway nach Totnes zur Rare Breeds Farm.
Das Ganze war ein Komplettpaket bestehend aus allen drei Attraktionen, wobei man sich aussuchen konnte, was man zuerst machen wollte. Die Otter-Farm liegt nur wenige Meter vom Bahnhof von Buckfastleigh entfernt, und die Rare Breeds Farm ist auf der anderen Seite der Bahngleise von Totnes.
Angefangen haben wir erstmal mit Schmetterlingen und Ottern. Das Fotografieren ist bei den Schmetterlingen, schon der Luftfeuchtigkeit wegen, nicht so einfach. Außerdem sind die Viecher, wenn sie nicht gerade Bananen oder Blätter futtern oder auf letzteren dösen, recht flatterhaft. Die Otter waren da etwas einfacher zu knipsen. Das Gehege war gleich ausserhalb der Schmetterlings-Farm. Dummerweise fing es pünktlich zur Fütterung an zu regnen, was Engländer vermutlich weniger stört, aber Kameras und unbeschirmte Mitteleuropäer weniger mögen.
Wir haben dann zwischendrin entschieden, dass es jetzt Zeit für die Bahnfahrt sei. Lustigerweise war genau an dem Tag „Teddybear-Picknick“. Die Kinder, die einen Teddy dabei hatten (bei uns war es ein Hase, aber das störte niemanden) bekamen ein Lunchpaket, Bulliver Bear lief durch den Zug und ein älterer Herr mit Rauschebart erzählte eine Geschichte von den Pixies (Gartenzwerge). Wir hatten Spaß, vermutlich sogar etwas mehr als Sohnemann, weil wir die Geschichte verstehen konnten. Er hatte am meisten Freude an der Holzeisenbahn im Eisenbahnmuseum und dem Stationshund.
In Totnes angekommen, ging es dann einmal kurz über die Gleise zur Rare Breeds Farm. Auf dem Bahnsteig stand schon ein Falkner mit einer nicht gerade kleinen Eule auf dem Arm. Als wir drüben waren und den Eintritt bezahlt hatten, kam er dann auch an und der Kurze durfte sogar die Eule streicheln. Genauso wie die Igel, Ziegen, Schafe und was da sonst noch so rumlief.
Nach der Rückfahrt mit der Bahn haben wir uns noch kurzfristig entschieden, nach Widecombe in the Moor zu fahren. Ein kleines Dörfchen im Dartmoor, in dem man zwar das Church House besichtigen kann, aber lohnen tut sich das nicht so direkt. Das ist zwar ein historisches Gebäude (mit National Trust Pass kostenlos), beherbergt aber neben einem Geschenke-Shop wohl scheinbar den örtlichen Kindergarten und dient als Gemeindesaal. Die Kirche nebenan war da schon interessanter und der Ausblick ins Dartmoor einige Fotos wert.
Im „The Old Inn“ haben wir uns dann Creamy Tea und Scones gegönnt, aber ehrlich: die in Branscombe waren deutlich leckerer.
Zwei Dinge sind uns hier aufgefallen: Erstens: Engländer lieben das Wort „lovely“. Wo immer man bezahlt oder bestellt, enthält fast jede Antwort diesen Begriff: Parkgebühr im Kiosk bezahlt: „Lovely job, mate“. An der Tankstelle die Quittung für die Mastercard unterschrieben: „Lovely, thank you“. Im Restaurant die Bestellung aufgegeben: „Lovely!“.
Zweitens: Straßen werden der natürlichen Topographie angepasst und nicht umgekehrt. Die Straße ins Dartmoor hinein enthält teilweise Steigungen bzw. Gefälle von bis zu 25%. In Deutschland hätte man das ganz anders – und wesentlich langweiliger – gestaltet.
Interessant dabei ist, dass auch auf ein- bis knapp zweispurigen Strassen offiziell meist 40 mp/h gilt, also ca. 65 km/h, und bisweilen das Schild „Aufhebung sämtlicher Streckenbegrenzungen“ auftaucht. Und zwar genau da, wo die Straße einspurig wird. Anarchie pur. Aber es passt zum Spruch „Keep calm and carry on“. In Panik verfallen macht keinen Sinn, also fährt man lieber gemäßigt weiter, immer bremsbereit falls plötzlich wieder ein Defender entgegenkommt. Für´s Platz machen wird immer die Hand zum Dank gehoben.
Die Strecke nach und von Widecombe zeigte uns dann auch gleich, was uns am nächsten Tag erwarten sollte.