Abwärts

Seit ungefähr drei Jahren plane ich, Henry dem Erdboden ein wenig näher zu bringen. Nur bin ich nie dazu gekommen.
Und selbst nachdem das Fahrwerk endlich da war, hatte ich nicht so wirklich die Zeit dazu, es auch einzubauen. Aber jetzt habe ich mir die Zeit dafür genommen.

Das Objekt der Wahl ist ein ST XTA, also mit verstellbaren Uniball-Domlagern. Die haben bei mir nicht zwingenden den Grund, Henrys Grenzbereich deutlich zu verschieben, sondern dienen vornehmlich der Stabilisierung der vorderen Stoßdämpferdome. Und hier musste ich dann auch zuerst ran.

Also erstmal Henry auf die Bühne, dann die Räder runter und der übliche notwendige Kram.
Jetzt konnte ich die Klemmschrauben der Schwenklager lösen, die zum Glück problemlos rausgingen. Die reißen gerne mal ab. Allerdings hat mein Freund der Stier tatkräftig mit angepackt. Dann habe ich den Radträger mittels Wagenheber abgestützt und das Federbein rausgenommen.

Ok, so war der Plan. Tatsächlich saß der Dämpfer auf der Fahrerseite so fest in der Führung, dass ich ihn nur mit sanfter Gewalt rausbekommen habe. Zudem klemmte das Federbein mehr oder weniger im Radhaus fest, so dass ich keinen Spielraum hatte, um es rausnehmen zu können. Es ging im Endeffekt nur durch Lösen des Querlenkers und viel Gerüttel.

Rein war dann entsprechend auch nicht so einfach. Ein Stück ging, aber beim letzten Rest musste ich doch etwas tricksen (andere würde vielleicht pfuschen sagen): ich habe das Federbein soweit montiert und Henry abgelassen. Durch das Gewicht hat sich das Dämpferrohr dann von selbst in die Führung gedrückt. Es gibt zwar ein Spreizwerkzeug für das Schwenklager, aber wer hat sowas schon?!

Auf der Beifahrerseite ist das Federbein im Übrigen schon beim Ablassen des Radträgers fast von selbst rausgeflutscht. Aber auch hier musste der Querlenker ab um es komplett rauszubekommen. Das war allerdings nicht weiter tragisch. Ich habe noch das Radlager ersetzt, dafür musste der Querlenker eh runter.

Der Dom auf der Fahrerseite war durch das ganze Theater schon weitestgehend begradigt. Auf der Beifahrerseite habe ich mit Tuch, Holzklotz und Hammer etwas nachgeholfen. Den Rest mussten die Domlagerschrauben in Verbindung mit der Domstrebe übernehmen. Muss ich hin und wieder vielleicht mal nachziehen, aber dazu komme ich gleich nochmal.

Dann ging es mit der Hinterachse weiter: Das ist ein klein wenig aufwändiger (wobei ich das nach der Vorderachse eigentlich relativieren müsste), weil hier erst die Domlager der alten Federbeine auf die neuen gebaut werden müssen. Dafür ist der Ausbau der Federbeine einfacher: zwei Schrauben oben im Dom, eine Schraube unten am Radträger. Letztere ist mit 140 Nm angezogen, da durfte der Stier wieder ran.

Also erstmal das alte Federbein raus und mit Federspannern sichern, das Domlager abnehmen und dann die Federspanner auf dem neuen Federbein ansetzen. Jetzt das Domlager aufsetzen und mit Mutter und Kontermutter montieren. Hierbei kamen statt der originalen Gummielemente Powerflexlager rein. Die Muttern werden mit 20 Nm angezogen. Das ist allerdings nicht ganz so einfach, wenn man mit einem 8er Schlüssel die Kolbenstange gegen Verdrehen sichern muss. Also musste das nach Gefühl gehen. Ich hoffe, es getroffen zu haben.
Soweit aber trotzdem relativ einfach und deutlich schneller erledigt, als an der Vorderachse.

Vorne kam noch – siehe oben – eine gebrauchte GTT-Domstrebe drauf, ebenfalls zur Stabilisierung der Dome (und des Vorderwagens). Erstmal ist aber das Fahrwerk drin und die erste Probefahrt war soweit recht zufriedenstellend. Wobei ich dazu tendiere, immer erst wieder Vertrauen in die eigene Arbeit aufzubauen. Die ersten Kilometer bin ich immer ohne Radio und teilweise ohne Lüftung unterwegs, um genau in die Fahrwerksgeräusche reinzuhören.

Die sind tatsächlich ein wenig lauter, was ich hauptsächlich auf die Uniballdomlager vorne schiebe. Oder vielmehr: ich höre mehr Geräusche aus dem Fahrwerksbereich als vorher. Durch die jetzt fehlende Dämpfung gegenüber der gummigelagerten Serien-Domlager wird mehr auf die Karosserie übertragen. An sich wirkt Henry jetzt straffer, mit weniger Seitenneigung. Kleinere Fahrbahnunebenheiten spüre ich jetzt deutlicher. Das muss ich jetzt nochmal auf den üblichen (Holper)Strecken „erfahren“ und eventuell über die Härteeinstellung korrigieren. Ich habe es momentan relativ hart eingestellt, was vor allem an einem kleinen Denkfehler lag. Laut Anleitung soll das Fahrwerk als Grundeinstellungen 9 (von 16) Klicks „auf“ gedreht werden. Dazu muss man aber bedenken, dass hier vom härtest möglichen Zustand ausgegangen wird. Gut, Ventil geschlossen, also „zu“ ist gleich „hart“, „auf“ dann entsprechend weicher. Hätte ich auch draufkommen können. Im Moment fahre ich also eher 7 Klicks hinten und 9 vorne auf, statt jeweils 9 wie in der Werksvorgabe. Hinten werde ich nochmal die Dämpfer lösen und auf 9 stellen, vorne dann Richtung 10 oder 11. Einfaches Absenken der Dämpfer hilft übrigens nicht, die müssen ganz raus, sonst hat man zu wenig Platz.

Die Geometrie stimmte, bis auf ein klein wenig Spurkorrektur am rechten Vorderrad auch. Interessanterweise stand das Lenkrad nach der Vermessung (in der Mittagspause beim Reifenhändler) schief. Hat mich etwas geärgert, aber ich brauchte das Protokoll hauptsächlich für den TÜV. Zudem habe ich noch ein Wummern, was aber eigentlich nur von den Rädern kommen kann. Nach dem Wechsel auf Winterräder war es jedenfalls weg. Ich bin letztes Jahr mit einer Felge etwas unsanft über einen Bordstein gerumpelt. Auch wenn bisher jeder Reifenhändler gesagt hat „läuft rund“, vermute ich doch einen Höhenschlag. Das aber nur am Rande.

An der Hinterachse habe ich noch die Radhausschalen und Radläufe etwas bearbeitet. Die Radhausschalen wurden im Bereich etwa zwischen 12:00 und 14:00 Uhr mittels Wärme und Holzklotz etwas in Form gebracht. Einfaches Ausschneiden hätte vielleicht genügt, aber damit legt man dann quasi das Blech frei, und der Schutz gegen Dreck und Feuchtigkeit geht flöten. So bleibt die Abdeckung erhalten und das Rad hat mehr Platz.
Die Innenkonturen der Radläufe habe ich nur etwas mit dem Messer ausgeschnitten. Ebenso vorne.

Der TÜV hatte dann am Ende auch keine Bedenken. Abgesehen von der Domstrebe. D.h.: die Strebe ist weniger das Problem, aber es wären nicht genügend Gewindegänge abgedeckt, wenn man die normalen Domlagermuttern nimmt. Da muss ich eventuell mal bei GTT nachfragen, ob die andere dafür haben. Die JCW-Muttern passen auch nicht.

Bei der Gelegenheit habe ich dann auch gleich die R53 GP/R56-Bremse und die Stahlflexleitungen eintragen lassen. Nur mein Winterrad machte Probleme: da bei der Felge die Speichen eine recht konvexe Form haben, stehen sie zu weit raus.
Das war so ziemlich das Letzte, mit dem ich gerechnet habe, aber das habe ich inzwischen mit einer Borbet RS in 16″ gelöst. Optisch … naja. Die Speedline, die ich vorher gefahren bin war optisch schon netter. Aber was hilft die Optik, wenn die Technik nicht passt?!

Apropos Optik:

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