Schottland in 11 Tagen geht … irgendwie. Aber nicht sonderlich gut.
Wir hatten das gleiche ja bereits vor drei Jahren in Südengland. Damals sind wir durch den kompletten Süden in 14 Tagen und waren hinterher auch irgendwo urlaubsreif. Aber ich muss sagen, dass die Reise damals besser organisiert war. Nicht nur, dass wir fast immer zwei Übernachtungen pro Unterkunft hatten, teilweise sogar drei, wir hatten auch bessere Tipps, Routenbeschreibungen und vor allem kürzere Etappen zwischen den einzelnen Unterkünften.
Die Südengland-Rundreise haben wir über eine Agentur in Frankfurt gebucht, bei der man den Eindruck hatte, dass die Leute sich dort auskannten. Die jetzt über TUI-Wolters gebuchte Reise machte eben genau den anderen Eindruck. Man hatte das Gefühl, dass die Planung von Mitarbeitern durchgeführt wurde, die noch nie in Schottland waren. Wären wir den Empfehlungen der Agentur gefolgt, hätten wir landschaftlich wesentliche Gegenden und historisch interessante Gebäude verpasst. Besonders aufgefallen ist uns das im Cairngorms-Nationalpark. Landschaft und Strecke waren traumhaft. Aber wenn man im Eiltempo hier durch muss, um noch einigermaßen zeitig in der Unterkunft aufzutauchen, ist das weder erholsam noch spaßig. Tatsächlich ist es eher stressig und, dank der engen, kurvigen und unübersichtlichen Straße vielleicht sogar gefährlich. Zudem liegt genau hier der Castle Trail incl. Balmoral.
Der Veranstalter hatte hier den direkten Weg von Inverness nach Pitlochry über die A9 vorgeschlagen. Das ist aber etwa so wie eine Stadtrundfahrt in London mit der U-Bahn: man sieht halt nichts. Jedenfalls nichts, was man entlang einer heimischen Bundestraße nicht auch sehen würde.
Dass wir im Nordwesten an zwei aufeinander folgenden Tagen jeweils nur eine Nacht pro Unterkunft hatten, hat die Sache unnötig erschwert. Die Etappen zwischen den Unterkünften waren, sofern man etwas von der Gegend sehen möchte, nicht unbedingt kurz. Wir sind insgesamt rund 350 Meilen an den zwei Tagen gefahren, zwischen Oban und Inverness waren es insgesamt etwa 530 Meilen, also knapp 850 km. Das klingt, aufgeteilt auf drei Tage, jetzt nicht so viel. Aber google-maps gibt als reine Fahrzeit knappe 14 Stunden an, also nicht ganz 5 Stunden pro Tag.
Das halte ich für etwas zu wenig, zumal eine A-Road, also der Bezeichnung nach vergleichbar mit einer deutschen Landes- oder Bundesstraße, auch oft ein Singletrack sein kann. Zudem muss man, da die Zeit für Tagesausflüge nicht ausreicht, wenn man nur eine Übernachtung hat, die Sehenswürdigkeiten auf dem Weg abgrasen.
Apropos Kilometer: insgesamt sind wir, inklusive An- und Abreise und sofern ich mich nicht verrechnet habe, etwa 3300 km gefahren, davon etwa 2400 auf der falschen Straßenseite.
Rein von den Strecken her ist Schottland in weiten Teilen ein Traum, jedenfalls ist die Mischung aus Landschaft und der Angewohnheit der Briten, die Straße der Landschaft folgen zu lassen und nicht umgekehrt, ungemein reizvoll. Anders gesagt: wir sind über Straßen gefahren, die in Deutschland keine Verkehrsbehörde so genehmigt hätte. Aber gerade das war eigentlich das Schöne daran. Nur hatten wir eben oftmals nicht die Zeit, es ausgiebig zu genießen.
Ok, es wäre vermessen zu sagen, dass knappe zwei Wochen ausreichen, um Schottland kennen zu lernen. Japaner werden ja auch gerne dafür belächelt, dass sie in zwei Wochen ganz Europa bereisen. In gewisser Weise fühlte sich das hier genauso an, das wäre aber bei jeder Rundreise so gewesen. Egal von welchem Veranstalter.
Kleine, aber nicht unwesentliche Einschränkung: die Fahrbahnqualität lässt teilweise doch massiv zu wünschen übrig. Jedenfalls habe ich regelmäßig mitgelitten, wenn Henry mal wieder aufgesetzt, oder ein Schlagloch erwischt hatte. Der Asphalt ist im Übrigen erstaunlich rau, das ist aber hauptsächlich ein Komfort-Makel.
Die Auswahl der B&Bs war, im Wesentlichen, ok. Die Farm auf Skye war spartanisch, hätte aber Potential, die letzte in Edinburgh … naja, lassen wir das.
Besonders gut waren eigentlich die Unterkünfte in Laide und in Dunkeld. Bei beiden könnte ich mir durchaus vorstellen, nochmal eine Weile zu verbringen, und die Gegend mit Tagesausflügen zu erkunden. Das gilt, mit leichten Abzügen, auch für die Unterkunft bei Inverness. Ähnlich würden wir das vermutlich auch wieder in, zum Beispiel, Südengland machen: ein paar Tage Dartmoor, ein paar Tage Cornwall und ein paar Tage Cotswolds. Oder so.
Was uns sonst noch aufgefallen ist: Schottland scheint touristisch mittlerweile total überlaufen zu sein. Ok, es sind quasi europaweit Sommerferien gewesen, aber gerade Skye soll, nach Aussage der Herbergsmutter in Inverness, das ganze Jahr über recht voll sein. Da tragen wohl Outlander, Harry Potter und Co. ihre Früchte.
Allerdings überlegen wir schon, ob wir unsere Urlaube in Zukunft nicht eher auf die Oster- oder Herbstferien verlagern. Ob dann weniger los ist, ist eine andere Frage, aber im Sommer dürfte tendenziell immer etwas mehr Betrieb herrschen. Aber besonders die Herbstferien gibt es nicht in jedem Land. Somit umgeht man zumindest schonmal die Ferienzeit der Einheimischen, ist dafür aber zeitlich etwas eingeschränkter.